Cornelius Völker
Hund – Dackel
1999
Der Blick auf Cornelius Völkers Kunst offenbart zunächst ein Interesse des Künstlers für vermeintlich alltägliches und unaufgeregt triviales. So scheint es zumindest, wenn man seinen breit angelegten Serien von Handtüchern, Zeitungs- und Bücherstapeln, sich um- und ausziehenden Personen, übriggebliebenen Nahrungsmitteln, benutzten Pflastern oder ausgedrückten Tuben auf der Leinwand begegnet. Die großen Geschichten, die imposanten Stillleben und Portraits scheinen mit Völker ihr Ende gefunden zu haben. So führt er die klassischen Bildgattungen ad absurdum, wenn er einzelne Körperteile wie Knie oder Bauchnäbel portraitiert oder Kaffeeflecken malt. Der Maler, der seit 2005 eine Professur an der Kunstakademie Münster innehat, beschränkt sich – im Wissen um die Unmöglichkeit von Originalität – auf banale und üblicherweise nicht als bildwürdig erachtete Motive. Hierdurch gewährt er der Malerei nicht zuletzt einen humoristischen Blick auf die Dinge. Völker sagt selbst dazu: »Für mich sind diese Motive aber so etwas wie Widerstandskoeffizienten, an denen sich die Malerei erproben muss. Ich stelle mir die Frage, wie viel die Malerei aushalten kann. Wann wird so ein Bild wirklich peinlich? Für mich ist es spannend, wohin ich Malerei treiben kann.«1
Das Bild »Hund – Dackel« stammt aus einer Serie von 1999, in welcher sich Völker ausschließlich mit Darstellungen von Hunden, im speziellen mit kleineren Schoßhündchen, beschäftigt. Yorkshire Terrier, Pekinesen, Pudel oder Chihuahuas präsentiert er dabei in ihren typischen Haltungen und so etwa schaut unser Dackel erwartungsvoll in die Ferne, als würde er auf den Ruf seines Herrchens warten. In wenigen breiten Pinselstrichen ist der Hund skizziert, sodass der Untergrund an einigen Stellen durchscheint. Eruptiv aber doch präzise ist die Form des Tieres auf die Leinwand gebracht. Völker setzt seine Motive meist auf nahezu monochrome Hintergründe, die den Bildgegenstand seinem Lebensumfeld zu entrücken meinen. Hierdurch wird der Blick des Betrachters kompromisslos auf das Objekt geworfen. Vorder- und Hintergrund, Boden und Himmel sind zwar in diesem Werk durchaus noch gegeben, der Künstler scheint sich jedoch nicht mehr an Perspektive zu orientieren. Breite pastose Farbschlieren aus Grün, Gelb und Braun bilden den Boden, auf dem unser Dackel steht. Die Materialität des Hintergrundes ist aber bereits ganz anders. Während Hund und Untergrund selbst eher pastos und mit dickflüssigen Farbschlieren gemalt sind, ist die Konsistenz der Farbe im Hintergrund eher dünn und flächig aufgetragen.
Derart beschreibt die Malerei von Cornelius Völker eine spannende Gratwanderung zwischen Abstraktion und Gegenständlichkeit, zwischen Material und Mimesis. Diese auf den ersten Blick scheinbaren Widersprüche ziehen sich durch das gesamte Werk Völkers und sind Programm seiner Malerei, die neben seinem Witz ein hohes Maß an Selbstreflektion aufweisen.
- Zit. nach: Cornelius Völker im Gespräch mit Michael Buhrs am 25. November 2010 im Museum Villa Stuck in München; abgedruckt in:
Cornelius Völker/Michael Buhrs, »Zu sehen, was man mit Farbe alles machen kann …«; in: Museum Villa Stuck München/ Wilhelm-Hack-Museum Ludwigshafen/Mönchehaus Museum Goslar/Von der Heydt-Museum
Wuppertal, »Cornelius Völker. Malerei. Werke.« Ausst.-Kat., Passau 2011,
S. 163.