Hermann Hesse

Frühling im Tessin
1929

Hermann Hesse, Frühling im Tessin

Aquarell und Bleistift auf Papier

31,5 × 24 cm

Signiert mit dem Monogramm und "29" datiert

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Provenienz

Atelier des Künstlers; Sammlung Bruno Hesse; Galerie Ludorff, Düsseldorf; Privatsammlung Rheinland

Ausstellungen
  • Galerie Ludorff, "Hermann Hesse – Malerfreude", Düsseldorf 2016
Literatur
  • Galerie Ludorff, "Hermann Hesse – Malerfreude", Düsseldorf 2016, S. 108

Der Schriftsteller und Maler Hermann Hesse wird am 2. Juli 1877 in Calw im Nordschwarzwald geboren. Nach Abschluss der Schule absolviert er eine Buchhändlerlehre in Esslingen. Ab 1895 übt er diesen Beruf in Tübingen und ab 1899 in Basel aus. In seiner Freizeit beginnt der junge Hesse zu schreiben und veröffentlicht den Roman „Peter Camenzind“, der die Aufmerksamkeit des Verlegers Samuel Fischer auf sich zieht und der ihm in der literarischen Welt zum Durchbruch verhilft. Von diesem Zeitpunkt an kann Hesse von seiner Tätigkeit als freier Schriftsteller leben. Er heiratet die Photographin Maria Bernoulli und bekommt drei Söhne mit ihr.

Bei Ausbruch des Ersten Weltkrieges im Juli 1914 meldet sich Hesse als Freiwilliger bei der deutschen Botschaft, wird jedoch für untauglich befunden und der deutschen Kriegsgefangenenfürsorge in Bern zugewiesen. Im Rahmen dieser Tätigkeit ist Hesse fortan damit beschäftigt, für deutsche Kriegsgefangene Bücher zu sammeln und zu verschicken. Im Jahr 1916 stürzt Hesse durch eine Folge von Schicksalsschlägen in eine tiefe Lebenskrise: Sein Vater stirbt, bei seinem dreijährigen Sohn Martin wird eine Gehirnhautentzün- dung diagnostiziert und seine Frau erkrankt an Schizophrenie. Hesse muss seinen Dienst bei der Gefangenenfürsorge unterbrechen und sich in psychotherapeutische Behandlung begeben. Als Hesse 1919 sein ziviles Leben wieder aufnehmen kann, ist seine Ehe zerrüttet.1) Im April 1919 siedelt der Maler ins Tessin um. Er bezieht in Montagnola vier kleine Räume in der „Casa Camuzzi“, die in Hanglage oberhalb des Luganer Sees liegt, von wo aus sich dem Schriftsteller der weitläufige Blick über die Wald- und Gebirgsland- schaft eröffnet. Hier kann sich Hesse wieder seiner schriftstellerischen Tätigkeit widmen und beginnt auf Anraten seines Arztes seine Träume und Gedanken in Bildern zu verarbeiten und festzuhalten.

Anfangs experimentiert Hesse noch mit den verschiedenen künstlerischen Techniken wie Pastell, Kreide, Öl und Aquarell – schnell entscheidet er sich dann aber für die Technik des Aquarellierens, welche ihm für die Umsetzung seiner Bildideen am geeignetsten erscheint. Während seine frühen in Bern entstandenen Arbeiten noch etwas unbeholfen die verschiedenen Genres wie Stillleben und Portrait abhandeln, ist der Künstler nach einer Phase, in welcher er Einflüsse aus dem Kubismus verarbeitet, heute besonders für seine farbenfrohen, charakteristischen Landschaftsdarstellungen bekannt. Mit seinem Umzug in die Südschweiz im Jahr 1919 gelingt Hesse der Durchbruch zu einem eigenen und unverwechselbaren Stil – hier erfährt sein Werk eine „Wandlung […] von naturalistischer Zaghaftigkeit zu expressionistischer Farbintensität“2). In seinen Blättern weicht die Detailverliebtheit nun der Vorliebe für die Komprimierung der Form auf das Wesentliche, und leuchtende Grundfarben ersetzen die blassen Mischfarben der Anfangsjahre.

Als Hauptmotiv dient ihm jetzt vor allem die Landschaft, die Hesse auf seinen vielen Wanderungen erkundet. Diese hält er zunächst in Bleistiftzeichnungen fest, um sie hernach mit sorgsam abgestuften Aquarellfarben zu kolorieren. Auch das Blatt „Frühling im Tessin“ von 1929 zeigt die Landschaft seiner schweizer Wahlheimat. Im Hintergrund erstrecken sich die Alpen mit ihren schneebedeckten Gipfeln, im Vordergrund die mediterrane Pflanzenwelt, die Hesse gekonnt in verschiedenen Grüntönen einfängt.

Hesse abstrahiert die Naturformen, er verliert sich nicht in Details, sondern stellt mit wenigen Strichen das Wesentliche des Motivs dar. Er schafft es, die unvergleichliche Atmosphäre dieses Landstrichs einzufangen, die dem Betrachter als eine „Ahnung von Sommer, von Hoffnung und Lebensfreude“3) erscheinen mag.

Anm.: 1) Bei seiner Frau Mia ist zwischenzeitlich eine schwere Psychose ausgebrochen, aber auch nach ihrer Heilung sieht Hesse keine gemeinsame Zukunft mit ihr. Die Wohnung in Bern wird aufgelöst und die drei Jungen zwischenzeitlich bei Freunden untergebracht, der älteste Sohn Bruno bei seinem Malerfreund Cuno Amiet.

2) Schon mitten im Ersten Weltkrieg fertigt Hesse Handschriften mit aquarellierten Vignetten an, die er zugunsten der Kriegsgefangenfürsorge an Sammler und Bücherfreunde verkauft.

3) Volker Michels: „Farbe ist Leben – Hermann Hesse als Maler“, in: Galerie Ludorff (Hg.), „Hermann Hesse. 1877-1962. Aquarelle aus dem Tessin“, Ausst.-Kat., Düsseldorf 2004, S. 4.

4) Ebd. S. 14.

Über Hermann Hesse

Der Schriftsteller Hermann Hesse war auch als bildender Künstler tätig und schuf ein umfangreiches Werk an Aquarellen und Gedichtillustrationen.

Weitere Werke
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