Marino Marini

Cavallo e Cavaliere
1955

Marino Marini, Cavallo e Cavaliere
© VG Bild-Kunst, Bonn

Tempera und Tusche auf Malkarton auf Leinwand

85,5 × 62 cm

Signiert und datiert

Registriert in der Fondazione Marino Marini, Pistoia, Italien unter der Nr. 97

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Expertise

Fondazione Marino Marini, Pistoia, Italien

Provenienz

Philipps de Pury London (2001); Privatsammlung Rheinland

Ausstellungen
  • Galerie Ludorff, "Meisterwerke", Düsseldorf 2020
Literatur
  • Galerie Ludorff, "Meisterwerke", Düsseldorf 2020, S. 142

Marino Marinis Werk ist tief verwurzelt in der Kunst der Etrusker, dem antiken Volk, das von 800 vor Christus bis ins 1. Jahrhundert nach Christus im nördlichen Mittelitalien lebte, wo der Künstler 1901 im toskanischen Pistoia zur Welt kam. Im frühen 20. Jahrhundert wurden viele etruskische Skulpturen im Boden seiner Heimat gefunden, unter deren Eindruck sich der junge Künstler für die Bildhauerei begeisterte und diese später in Florenz studierte.

Zunächst fertigt Marini klassisch ausgewogene, archaisch wirkende Reiterskulpturen. Die beiden Weltkriege führen allerdings auch in seinem Werk zu sehr nachhaltigen Veränderungen. Während viele Zeitgenossen den Bruch mit den Traditionen propagierten und sich von der Kultur der Vorfahren abwendeten, vollzieht Marini diesen Wandel nicht. Der Formenkanon der etruskischen Kunst stellt für ihn eine Art historisches Bezugssystem dar, innerhalb dessen er sich weiterentwickelt und Antworten auf die drängenden Fragen seiner Zeit sucht. Er konzentriert sich nun jedoch nicht mehr auf die Skulptur allein. Vielmehr intensiviert er vor allem nach dem Zweiten Weltkrieg die Malerei, in der er sich noch freier ausdrücken konnte.

In seinen Gemälden der Nachkriegszeit bringt Marini zwei Dinge zum Ausdruck. Zum einen stellt das titelgebende Bild des Reiters zu Pferd ein idealtypisches Beispiel für die intensive Auseinandersetzung des Künstlers mit den großen künstlerischen Herausforderungen seiner Zeit dar. Marini sieht sich als Reiter – als Vertreter und Bekenner der figurativen Kunst also – dessen Pferd angesichts der allgegenwärtigen Abstraktion scheut. Die pulsierende Energie der abstrakten Malerei – hier dargestellt in vielen Schichten reiner Farbmalerei – drängt mit aller Macht auf das Pferd ein. Während das Pferd scheut, bleibt Marini im Sattel und bildet eine Einheit mit dem Pferd. Der Künstler vermittelt dem Betrachter auf diese Weise trotz aller Unruhe das Gefühl von Kontrolle und Zuversicht, dass die figurative Malerei bzw. die kulturellen Werte Bestand haben werden.

Zum anderen sprechen seine Gemälde dieser Zeit von der großen Angst, in die der Krieg die gesamte Gesellschaft versetzt hat. So verkörpern seine Skulpturen und Gemälde gleichsam ein Aufbäumen gegen die wachsende Inhumanität des Zeitalters und einen Aufschrei angesichts der großen Sorge, dass die Kräfte, die durch den Krieg entfesselt wurden, möglicherweise nicht mehr beherrschbar sein könnten.

Die Malerei Marinis empfinde ich in vielfacher Hinsicht als sehr bedeutend und spannend. Sie ermöglicht uns ein Verständnis der historischen Entwicklungen, aber auch der immensen Herausforderungen, derer sich die Künstler seiner Zeit gegenübersahen. Besonders reizvoll erscheint mir die Vielschichtigkeit, die dem Betrachter Interpretationsspielräume öffnet und auch für die heutige Zeit Denkanstöße geben kann. Mir imponiert die Erkenntnis, dass es keine einzig wahren und richtigen künstlerischen Entscheidungen gibt. Vielmehr unterstreicht Marini, dass Kunst immer persönlich sein muss und dass es viel Richtiges geben kann, das sich parallel auf unterschiedlichen Wegen entwickelt. Eins ist jedoch völlig klar: Man kann nur Sinnvolles schaffen, wenn man auf seine innere Stimme hört und mutig genug ist, sich auch einem noch so offensichtlichen Paradigmenwechsel zu widersetzen und seinen eigenen Weg zu gehen.

Rainer Ludorff

Galerie Ludorff

Installationsansicht Galerie Ludorff 2020

Über Marino Marini

Marino Marini war ein italienischer Bildhauer, Maler und Grafiker. Bekannt wurde er durch seine Darstellung von Pferden und Reitern.

Weitere Werke
Publikationen zum Werk