Muse & Modell

15. Februar 3. Mai 2014

Galerie Ludorff Königsallee 22 Düsseldorf

Muse & Modell

Der Maler und sein Modell - eine Beziehung, die die Fantasie beflügelt. Die Frau als Motiv ist so alt wie die Kunst selbst. Als Muse spielt sie dabei eine ambivalente Rolle: Manchmal ist sie als Modell - sogar nackt - dem Künstler ganz nah. Gleichzeitig ist sie Objekt der Kunst und zeigt sich dem Betrachter in der Distanz.

Muse und Modell – Frauendarstellungen in der Kunst des 20. und 21. Jahrhunderts

Die Ausstellung »Muse und Modell« wirft einen intimen Blick auf die Begleiterinnen und Modelle von Ernst Ludwig Kirchner, Emil Nolde, Erich Heckel, Alex Katz und Thomas Ruff u.a. Gleichzeitig zeigt die Schau mit 36 Werken, wie sich das Bild der Frau in der Kunst vom späten 19. Jahrhundert bis heute gewandelt hat.

Das früheste Bild der Ausstellung des Berliner Künstlers Lesser Ury (1861-1931) zeigt die moderne, selbstbewusste Frau in einer Caféhaus-Szene. Trotz ihrer eleganten und hochgeschlossenen Kleidung, unterscheidet ihr direkter Blick zum Betrachter, ihr stilles Lächeln sowie die Tatsache, dass sie ohne Begleitung ist, von anderen Frauendarstellungen dieser Epoche. Weitaus freizügiger zeichnet Ernst Ludwig Kirchner seine Lebensgefährtin »Dodo«. Ihre Nacktheit scheint spontan, alltäglich und selbstverständlich. Gedankenverloren kauert sie auf dem berühmten Leopardenhocker im Dresdner Atelier des Künstlers und spielt an ihren Füßen.

„Besonders interessierte ihn [Kirchner] naturgemäß der nackte Mensch. Hier zerriss er bewusst die traditionelle Art des Aktstudiums und schuf sich in seinem Atelier einen Kreis junger Mädchen, die er frei in der Bewegung studierte. […] Er sah die hilflose Abhängigkeit der zeitgenössischen Kunst von der Antike, sah, dass es andere Stile von mindestens ebenso hoher Kultur wie die griechische gab, sah aber auch, dass der Weg zu einer neuen modernen nur durch ein reines naives Naturstudium ohne Stilbrille führte. So wurden die Dresdener Jahre von einer fanatischen freien Arbeit nach nackten Menschen im kargen Atelier (Laden) und an den Moritzburger Seen erfüllt.“

Ernst Ludwig Kirchner, "Erstes Sehen, Das Werk im Berliner Kupferstichkabinett", München u.a. 2004, S. 66

Ausstrahlung und Versunkenheit

Ganz im Gegensatz zu dem wachen, offenen Blick von „Dodo“ in der frühen Tuschezeichnung von Ernst Ludwig Kirchner zeigt sich Erich Heckels „Schlafendes Mädchen“ introvertiert und in sich ruhend. Heckels Mädchen strahlt eine beruhigende Stille aus. Die interessante Perspektive mit der Aufsicht auf ihr Bett sowie das Erfassen der Kissen und Decken in wenigen Strichen zeugen vom geschulten Blick und den bemerkenswerten zeichnerischen Fähigkeiten des Künstlers, die Heckel in den Vorkriegsjahren in den obersten Rang deutscher Zeichenkunst erheben.

Die Frau als Oberfläche

Künstler wie Andy Warhol, Thomas Ruff oder Michael van Ofen benennen die dargestellten Personen zwar mit Namen, interessieren sich aber weniger für das Portraitieren dieser Frauen. Das portraittypische Herausstellen ihres Charakters oder ihrer persönlicher Eigenschaften, die über die Oberfläche hinausgehen, ist hier nicht das primäre Thema.

Auf Thomas Ruffs „Porträt 1989 (I. Graw)“ sieht man Isabelle Graw, Bekannte des Künstlers und Herausgeberin der Zeitschrift „Texte zur Kunst“. Mit ihrem an ein Ausweisfoto erinnernden Abbild in strenger Frontansicht versucht der Künstler eine Bild zu zeigen, die nicht mit Inhalt oder Emotionen gefüllt ist. Der Fotograf hat sein Modell deshalb gebeten, möglichst neutral zu schauen und diesen Ausdruck mit schlichten Kleidung und einem weißen Hintergrund unterstützt. Er stellt die überaus spannende Frage, ob es überhaupt denkbar ist, in einem fotografierten Gesicht kein Portrait zu sehen. Ist es möglich, dass Isabelle Graws schönes Gesicht vom Betrachter als bloße Oberfläche wahrgenommen wird?

Frauen als Abbilder ihrer Zeit

Ähnlich wie Urys Dame im Café ein Sinnbild für ihre Zeit darstellt, dienen auch Carl Hofer die Portraits junger, schöner Mädchen als Symbol und Ausdruck eines Zeitgeschehens. „Mädchen mit Amaryllis“ und „Mädchenbildnis“ zeigen verträumt dreinschauende, kindliche Gesichter mit traurigen Augen, die dem Betrachter ein Gefühl von Melancholie vermitteln, das fasziniert und das Herz berührt. Seine Portraits sind Bilder innerer Befindlichkeiten, ebenso wie Ausdruck persönlicher und zeitgeschichtlich-politischer Schicksalsschläge. Die Frauen sind mehr als ein Abbild ihrer Selbst und ihres Charakters – sie sind vielmehr ein Abbild ihrer Zeit und der Erfahrungen des Künstlers.

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