Nach der Natur

23. Juni 19. August 2017

Galerie Ludorff Königsallee 22 Düsseldorf

Nach der Natur

»Wo Natur war, soll Vernunft sein; wo Spontaneität war, soll Konstruktion sein; wo Es war, soll Ich sein; wo Objektivität war, soll Subjekt sein.«

Rolf Peter Sieferle

Der Titel „Nach der Natur“ ist in dieser Hinsicht aus unterschiedlichen Perspektiven zu betrachten. Zunächst und am offensichtlichsten meint er den Modus, der Natur entsprechen zu wollen, sie visuell nachzuformen und ein Abbild zu schaffen. Nach meint unter anderem die Mimesis, die Nachahmung von Natur und damit die verbunde Vorstellungen ihrer neutralen Aufzeichnung, die durch das Arbeiten in und vor der Natur stattfindet. Natur wird als Quelle der Inspiration benutzt, um ihrem Schaffen künstlerisch nachzueifern und Momente von unendlicher Schönheit einzufangen, die nur die Natur im Stande zu kreieren ist.

Natur und Landschaft

So ist es vor allem die Landschaftsmalerei, welche die Wahrnehmung von Natur als Raumausschnitt prägt und versucht, das Erleben von Natur bildhaft zu bezeugen. Das Thema der Landschaft wird zum Anlass genommen, den Menschen für Naturästhetiken und -erfahrungen zu sensibilisieren. Doch geht dem Verlangen der Künstler weit mehr voraus, als ein reines ästhetisches Interesse für die Wunder der Natur und ihrer äußeren Erscheinungen.

Landschaft wird zur Chiffre des Sozialen, die präsentiert wie repräsentiert. Diesem Gedanken geht voraus, dass die Natur im zunehmenden Maße durch den Eingriff des Menschen verändert wird, wodurch die einleitende Frage erneut gestellt werden kann: Kann Natur durch ihre Über- und Umnutzung etwas von ihrer Natürlichkeit verlieren? Wie Michael van Ofens Bilder streng kontrollierter und geplanter Landstreifen oder Bernd und Hilla Bechers Fotografien zeichnen die Werke der Ausstellung unterschiedliche Grade der Transformation von Natur auf, erlauben den Zugriff auf eine Kulturgeschichte von Natur, und fragen danach, wo der Mensch in dieser Welt seinen Platz hat.

Landschaft als Zeichen

Impliziert das Nach nicht nur eine Zeitlichkeit und wie in diesem Falle die physische und topographische Verformung von Natur, so meint es gleichzeitig ein sich veränderndes Handeln und die geistige Auseinandersetzung mit sich und der Welt als dessen Gegenstand die Natur in der Landschaft hervortritt. Landschaft ist deshalb nicht bloße Bildgattung, sondern ein übergreifendes kulturelles Mittel der Verständigung. Max Liebermanns Gartenszenen oder Gabriele Münters menschenleere Bilder erzählen hie wie da von gesellschaftlichen Verflechtungen. Sie bringen sich selbst in ein Verhältnis zum Gegenüber, erzählen davon, wie Natur erlebt und gefühlt wird.

Natur als Imitation von Natur

Als autonomer Bildgegenstand hat sich Landschaft schon mit Beginn des 20. Jahrhunderts von dem Zwang der Echtheit gelöst. Doch bietet gerade Landschaft immer wieder Raum zur Reflektion von Kunst und Wirklichkeit, von Wahrnehmung und Wirklichkeit, bietet sich als Fundgrube für die Auseinandersetzung mit den ureigenen Problemen der Malerei an.

In den Werken von Karin Kneffel oder Franz Gertsch meint man das Nach der Natur zunächst wortwörtlich nehmen zu wollen. Natur wird hier als Illusion von Natur in Szene gesetzt, um den Modus einer gewohnten Bildbetrachtung zu stören. Nahezu fotorealistisch gemalt, verwirren die Werke Kneffels den Betrachter. Etwas scheint nicht zu stimmen, ohne es genau definieren zu können. In der subtilen Verfremdung ihrer fotografischen Vorlagen, entziehen sich die Werke letztlich jeglicher Wahrheitsvermutung. Obwohl bekannt und vertraut, scheinen ihre Darstellungen dennoch unnahbar.

Nach der Natur

Die Galerie Ludorff nimmt es sich zum Anlass, dem Verhältnis von Kunst und Natur, Natur und Landschaft in ihrer ganzen Breite nachzugehen. Die Schau gibt ein Bewusstsein dafür, dass der Darstellung von Natur weit mehr vorausgeht, als ein affektives Interesse an äußeren Erscheinungen. Natur – so scheint es – wird schlussendlich zum Medium der symbolischen Repräsentation und wird zur soziologischen Landschaft gesellschaftlicher Verfassungen, in der sich Außenwelt wie Innenwelt als Versatzstücke von Wirklichkeit gegenüberstehen.

Nach der Natur meint somit nicht nur den Modus der Nachahmung, sondern versteht sich darüber hinaus als Anekdote des Gesehenen und impliziert nicht zuletzt eine Zeitlichkeit, die danach fragt, welchen Platz der Mensch in seiner Umwelt noch hat.

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