Emil Schumacher

Banga
1964

Emil Schumacher, Banga
© VG Bild-Kunst, Bonn

Öl auf Leinwand

50 × 70 cm

Signiert und "64" datiert

Aufgenommen in das in Vorbereitung befindliche Werkverzeichnis der Gemälde von Dr. Ulrich Schumacher, Hagen und im Archiv der Emil Schumacher Stiftung unter der Nummer 0/3.751 registriert

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Provenienz

Privatsammlung Nordrhein-Westfalen

Ausstellungen
  • Galerie Ludorff, "Meisterwerke", Düsseldorf 2020
  • Karl Ernst Osthaus-Museum, "Emil Schumacher. Ein Künstler und seine Stadt", Hagen 1997
Literatur
  • Galerie Ludorff, "Meisterwerke", Düsseldorf 2020, S. 146
  • Karl Ernst Osthaus-Museum, "Emil Schumacher. Ein Künstler und seine Stadt", Ausst.-Kat., Hagen 1997, S. 76

Kein reizvolles Motiv, kein literarischer oder historischer Stoff, sondern das innere wie äußere Ringen des Malers mit jedem neuen Werk ist die Erzählung, die aus den Bildern Emil Schumachers spricht. Ihr Entstehungsprozess ist seinen Werken dauerhaft eingeschrieben. Doch ist auch die Frage berechtigt, »ist da nicht ein Vogel«?

Seit Mitte der 1950er Jahre trat in das Werk Emil Schumachers etwas anderes an die Stelle des gewohnten Narrativs, also der Bilderzählung. An der abbildenden Darstellung der realen Welt war Schumacher zu dieser Zeit nicht mehr interessiert. Das werdende Bild erhielt seine Form in einem Prozess aus Aktion, Zufall und Reaktion. Der Zufall bei ständiger Reflexion des so Entstehenden war dabei von gleicher Bedeutung wie die zugrundeliegende Auswahl der Malmittel und -farben. Schumacher führte zwei Jahrzehnte später selbst in einem Aphorismus aus, welche malerische Herausforderung ihn reizte: »Es genügt nicht zu sagen: diese Farbe ist rot, diese rote Farbe ist auch roter Stoff, greifbarer, tastbarer Stoff. Es gilt, ihre Gefügigkeit zu überwinden.«A

Zu seiner zweiten documenta-Teilnahme sendete Schumacher 1964 drei wandgroße Leinwände, auf denen die in energetischer Wucht pastos aufgetragenen Farben Rot, Blau und Weiß im gestisch-expressiven Wechsel mit schwarzen Lineamenten durchfurcht sind.B Diese Bilder erzählen nicht, sondern brüllen von der ungeheuren inneren Bewegung sowie dem dramatischen Akt ihrer Schöpfung. Tragisch erscheint der Verlust der rot-schwarzen Leinwand. Schumacher hat dieses Werk nach missglückten Nachbearbeitungen später aufgegeben und schließlich die Leinwand, auf der es gemalt war, vernichtet.C Dennoch, das intensive Rot dieses verlorenen Gemäldes scheint auch Motivation und Inbegriff des Gemäldes Banga aus dem gleichen Jahr zu sein. In die Farbmaterie für dieses Bild hat Schumacher so viel rotes Pigment in das bindende Öl eingebracht, dass eine offene, raue Oberfläche entstanden ist. Vergleichbar den documenta-Bildern, wenn auch sensibler als in ihrem expressiven All-over, wurde auch hier ein malerischer Angriff auf den frischen Farbauftrag zum Abbild des schöpferischen Moments. In dem kleineren Format offenbart sich dabei umso klarer, wie das ganze Schaffen Schumachers – dessen farb- und materialintensive Malerei zum eigentlichen Kennzeichen geworden ist – nicht zuletzt auf einer großen Meisterschaft als Zeichner basiert. Mit wenigen nervös in den roten Grund getriebenen Linien hat der Künstler die triviale Schönheit der Farbe erst durch diese Irritation zu einem tiefen Glühen gesteigert.

Nur scheinbar nebensächlich erwecken die Lineamente darüber hinaus die figürliche Assoziation mit einer kleinen Vogelgruppe. Ihr Auftauchen ist nicht zufällig. Das Motiv selbst hat den Künstler zeitlebens begleitet.D Obschon das Figürliche zwischenzeitlich vordergründig der Abstraktion gewichen war und erst im Spätwerk der 1980er und 1990er Jahre zu einer neuen Bedeutung kam, blieb die reale Welt stets eine für Schumacher essenzielle Inspirationsquelle. So hielt er selbst in einem weiteren Aphorismus über seine Malerei fest, diese sei »jedenfalls der Erde näher als den Sternen. So kommt der Gedanke an Landschaft auf: Oben und unten, die Linie des Horizonts. Landschaften sind es nicht; aber könnte ich mich der Natur entziehen?«E

Rouven Lotz

Wissenschaftlicher Leiter, Emil Schumacher Museum, Hagen

A Emil Schumacher, »Ein Buch mit sieben Siegeln, Mappenwerk mit sieben Radierungen und Aphorismen von Emil Schumacher«, Drucker: Peter Spiegel, Homburg/Saar, Heidelberg 1972, hier: Farbe.

B In der genannten Reihenfolge betitelt, documenta I, documenta II (heute: Osthaus Museum Hagen) und documenta III (heute: LWL-Museum für Kunst und Kultur, Münster). Die drei Gemälde wurden auf annähernd gleichen Leinwänden von je 205 x 370 cm geschaffen.

C Ausführliche Untersuchung der documenta-Bilder in: Jürgen Wissmann, »Emil Schumacher – documenta III. Formlos und doch Form«, Köln 1992.

D Vgl.: Ulrich Schumacher/Rouven Lotz (Hg.), »Emil Schumacher – Frei wie ein Vogel«, Ausst.-Kat. Hagen, Bönen 2012. E Schumacher, a.a.O., hier: Natur.

Installationsansicht

Über Emil Schumacher

Emil Schumacher gilt als einer der prominentesten Vertreter des deutschen Informel. Obwohl sich seine Werke einer dezidiert abstrakten Formensprache bedienen, beinhalten sie häufig formale Anklänge wie zum Beispiel Bäume, Bögen oder Räder.

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