Jerry Zeniuk

Untitled Number 322
2012

Jerry Zeniuk, Untitled Number 322
© Jerry Zeniuk

Öl auf Leinwand

170 × 170 cm

Rückseitig signiert, datiert und betitelt

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Provenienz

Atelier des Künstlers

„Ich bin Künstler, Maler, und ich male, um nicht allein zu sein. Dieser Wunsch ist die treibende Kraft in meiner Arbeit. Wenn ich eine Bewegung mit dem Pinsel mache, ist dies der Ausdruck meines Daseins in einem bestimmten Augenblick und es ist der Weg, auf dem ich Sie erreiche.“1) Jerry Zeniuk wird 1945 in Bardowick bei Lüneburg als Sohn ukrainischer Flüchtlinge geboren. Fünf Jahre später siedelt die Familie nach Loveland, Colorado, USA um. Fernab der amerikanischen Kunstmetropolen studiert Zeniuk in den 1960er Jahren an der University of Boulder, Colorado, Bildende Kunst, Geschichte und Philosophie. Nach seinem Abschluss im Jahr 1969 zieht er nach New York, wo drei Jahre später auch seine erste Einzelausstellung realisiert wird. Aufgrund diverser Stipendien kehrt der Künstler immer wieder für längere Aufenthalte auch nach Deutschland zurück und nimmt unter anderem 1977 an der documenta 6 in Kassel teil. 1992 erhält Zeniuk eine Professur für Malerei an der Akademie der Bildenden Künste in München. Heute lebt er sowohl in den USA als auch in Deutschland und pendelt zwischen New York und München. Von Beginn an ist Zeniuks Malerei der Gegenstandslosigkeit verpflichtet und frei von jedweden erzählerischen Implikationen. Die Farbe ist das zentrale bildnerische Mittel. Sie transportiert für Zeniuk

keinerlei Botschaft oder Bedeutung. Vielmehr geht es ihm allein um Materialität und Wirkung der Farbe an sich. Während der Künstler in den 1970er Jahren zunächst Enkaustikarbeiten entwirft, die durch das Übereinanderlegen mehrerer pigmentierter Wachsschichten annähernd monochrom wirken, beginnt Zeniuk die Farbflächen über die Jahre immer stärker zu strukturieren und Formen aus der Fläche herauszuarbeiten. Nach und nach grenzen sich die Formen immer stärker voneinander ab und die Farbgebung wird intensiver und kontrastreicher. Über einen Zeitraum von nunmehr fast 30 Jahren entwickelt Zeniuk seine Malerei wie ein Suchender in sehr konsequenten kleinen Schritten weiter. Zu Beginn des neuen Jahrtausends nähert der Künstler seine Formensprache immer stärker der Kreisform an. Auch das im Jahr 2012 entstandene großformatige Werk „Untitled Number 322“ zeigt Kreise in verschiedenen Farben und Größen. Die mit breitem Pinselstrich auf die hellgrau grundierte Leinwand aufgebrachten Farbkreise sind in größeren Abständen zueinander angeordnet, so dass der Fond zwischen den einzelnen Punkten sichtbar ist. Zeniuks Farben sind intensiv und leuchtend; er benutzt vornehmlich die drei Grundfarben Rot, Gelb und Blau oder aber Abmischungen derselben. Der ausführende Pinselstrich ist grob, weshalb die einzelnen Farbkreise keine klaren Umrisslinien aufweisen, sondern nach außen hin ausfransen. Die gesamte Komposition wirkt aufgelockert und austariert, ein Eindruck, der durch das quadratische Format der Leinwand noch unterstützt wird. Jerry Zeniuk arbeitet ohne Vorskizze und ohne ein vorher ausgearbeitetes Konzept. Seine Bilder entwickeln

sich vielmehr erst während des Malprozesses: der Künstler beginnt mit einem Farbpunkt und nach ausreichender Reflektion setzt er einen weiteren in einem anderen Farbton. Oftmals greift der Künstler aber auch noch einmal in bestehende Formen ein und dunkelt diese ab, hellt diese auf oder legt einen zweiten Farbton darüber. Dieser Prozess setzt sich über einen langen Zeitraum – oftmals mehrere Wochen– fort, bis sich das Gefühl eines starken ausbalancierten Gemäldes einstellt.

Im Zentrum von Zeniuks künstlerischem Ansatz steht das Bild als zweidimensionale Fläche und damit die Beziehung zwischen Farbe und Malgrund, zwischen Fläche und Raum, zwischen Licht und Schatten. 1989 erläutert Zeniuk in einem Radiointerview seine Auffassung von Malerei, die auch heute – zwanzig Jahre später – ihre Gültigkeit nicht verloren hat und anschaulich beschreibt, welche Fragen ihn antreiben: „Als ich noch ein Student war, habe ich von Clement Greenberg gelernt, dass ein abstraktes Bild flach sein muss und die Farbe selbst Bildgegenstand ist. Und so habe ich mich also sehr bald mit der Materialität der Farbe befasst. Das ist eigentlich natürlich für einen jungen Maler, dass er sich mit dem auseinandersetzt, mit dem er arbeitet. Aber schon damals ging es mir um Farbe, Licht und Raum. Und das war es, was mich fesselte. So begann der Lernprozess: Wie kann ich den Raum deutlich machen, wie das Licht, wie kann ich ihm Bedeutung geben? Und – besonders, wenn man kein Abbild hat – immer wieder die Frage: Was ist der Gegenstand des Gemäldes, was ist es, das das Auge sieht, worauf ziele ich ab? Das sind all die Jahre meines Malens. Und jedes Jahr wurde mir klarer, was ich will, was ich sehe, und auch die Bedeutung dessen, mein Wissen darüber hat zugenommen. Ich kann heute sehr viel präziser diesbezüglich sein. Ich kann auch sehr viel mehr den Betrachter einbeziehen, ihn in ein Bild eintreten lassen und sich darin bewegen lassen.“2) Die Verteilung der Farben in Zeniuks Gemälden wirkt zunächst beliebig und wenig zielgerichtet. Bei längerem Betrachten und vor allem im Zusammenleben mit den Werken Zeniuks offenbaren seine Gemälde jedoch eine erstaunliche Qualität. Je nach Beleuchtungssituation oder Tageszeit sind es immer wieder andere Farbakzente, die den Blick des Betrachters ansprechen und diesen über die jeweiligen Flecken derselben

oder ähnlicher Farben wandern lassen. Auf diese Weise gelingt es Zeniuk, den Betrachter ganz unterbewusst für den Zusammenhang von Farbe und Licht zu sensibilisieren.

Anm.:

1) Rede von Jerry Zeniuk gehalten im Kunstmuseum Winterthur am 18. November 1995 zur Eröffnung des Erweiterungsbaus, in: Jerry Zeniuk, Lawrence Markey, Rupert Walser (Hg.): „Jerry Zeniuk“, München 1996, S. 16.

2) Interview von Wilhelm Warning mit Jerry Zeniuk für den Bayerischen Rundfunk im September 1989, in: Dieter Schwarz/Ulrich Wilmes (Hg.): „Jerry Zeniuk. Oil and Water“, Ausst.-Kat., Nürnberg 1999, S. 164.

Über Jerry Zeniuk

Jerry Zeniuk ist einer der frühen Wegbereiter der sogenannten "analytischen", "fundamentalen" oder auch "radikalen Malerei", die sich übergreifend in den USA, aber vornehmlich in Ialien und Deutschland in den 1970er entwickelte.

Weitere Werke